Knapp zwei Wochen ist es nun her, dass die Friedeninitiative Bad Hersfeld in einem vierstündigen Unterrichtsprojekt für Abiturientinnen und Abiturienten sensibilisieren wollte für friedliche Konfliktlösungsstrategien. Knapp zwei Wochen ist es nun her und in der Zwischenzeit hat sich ein ganz anderer und neuartiger Konflikt für uns alle ergeben – Zeigen wir uns solidarisch und stecken eigene Bedürfnisse zurück, um andere zu schützen? Oder stehen wir uns selbst am nächsten?
Eigene Interessen und Bedürfnisse waren zugleich der Grundstein für zwei Konfliktsituationen, die die Schülerinnen und Schüler in dem Unterrichtsprojekt untersuchten und miteinander diskutierten. So ging es zunächst um einen Nachbarschaftsstreit, fiktiv und doch aus dem Leben gegriffen, bei dem der alte Kirschbaum eines Nachbarn den anderen mächtig störte. Zweige, die über die Grenze ragten und trotz Bitten nicht entfernt wurden, Streitereien am Gartenzaun, Handgreiflichkeiten etc. Der vermeintlich harmlose Konflikt eskaliert. Was nun? Mit kreativen Ideen und aus Sicht der unterschiedlichen Beteiligten diskutierten die Schülerinnen und Schüler mögliche Lösungsansätze und stellten fest – Kommunikation und ein wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse des anderen sind das A und O. „Es war wunderbar zu sehen, mit welch kreativen Ideen die Schülerinnen und Schüler das Problem gelöst haben. Das macht Mut für die Zukunft,“ erklärt Jürgen Relke Politiklehrer und Mitinitiator des Projekts.
Mit diesen Strategien der Konfliktlösung ausgestattet begaben sich die Abiturientinnen und Abiturienten des bilingualen Profils der Schule schließlich daran, einen ganz realen Konflikt zwischen Ecuador und Peru genauer unter die Lupe zu nehmen. Aufgrund fehlender Grenzfestlegungen im Gebiet Cordillera del Cóndor schwelte hier ein Konflikt mit kriegerischen Auseinandersetzungen seit dem 19. Jahrhundert. Beide Länder stritten immer wieder um die Vorherschafft in der Grenzregion, die nicht zuletzt für die vermutlich reichhaltigste und diverseste Flora und Fauna Südamerikas bekannt ist. Lebhaft diskutierend und unterschiedlichste Möglichkeiten und Blickwinkel beachtend, bemühten sich die Schülerinnen und Schüler um eine möglichst zufriedenstellende Lösung, doch kamen im Vergleich zur realen Lösung weitaus weniger glimpflich davon.
Tatsächlich konnte der Konflikt 1998 nach Eingreifen des norwegischen Friedensforschers Johan Galtung gelöst und beide Seiten befriedet werden. Die einfache Lösung: die Gründung eines binational genutzten und verwalteten Naturparks in der Grenzregion, der gemeinsame Interessen in den Vordergrund rückte.
Lucas Sichardt von der Friedensinitative resümiert: „Wir bringen unseren Kindern im Kindergartenalter eigentlich die richtigen Werte bei; Rücksichtnahme, bei Konflikten auch die andere Seite sehen und nicht mit Gewalt eine Lösung suchen. Aber irgendwann auf dem Weg zum Erwachsenen gehen viele dieser Dinge verloren. Hier wollen wir als Friedensinitiative ansetzen und konstruktiv mit jungen Menschen arbeiten. Die Gesellschaft der Zukunft braucht denkende Köpfe, die mit Konflikten differenziert und ausgewogen umgehen, ausgewogene und kreative Lösungen suchen.“
Die Friedensinitiative ist unter https://www.friedensinitiative-hef.de/ online erreichbar.