Sich aktiv mit den Schrecken des Holocaust auseinanderzusetzen; das haben sich die Schülerinnen und Schüler der Modellschule Obersberg, die im Januar an der Studienfahrt nach Polen teilnahmen, zur Aufgabe gemacht. Ziel war die Kleinstadt Oświęcim, die unter dem deutschen Namen Auschwitz eine erschreckende Berühmtheit erlangte. In den dort ansässigen Konzentrationslagern wurden während des zweiten Weltkrieges tausende von Menschen durch das NS-Regime umgebracht.
Im Gegensatz zu ihrem geschichtlichen Ruf lernten die Schüler Oświęcim während ihres Aufenthaltes jedoch als eine tolerante und offene Kleinstadt kennen, in der Fremde freundlich empfangen und aufgenommen werden.
Am ersten Tag des Aufenthaltes erfuhr die Schülergruppe während einer Stadtführung wesentliche Informationen über das jüdische Leben in der Stadt. Vor der deutschen Machtübernahme besaß die Stadt etliche jüdische Mitbürger, darunter auch angesehene Kaufleute. Aus nachvollziehbaren Gründen wohnt heutzutage kein einziger Jude mehr in der Nähe dieses Ortes. Obwohl die Schülerinnen und Schüler der Modellschule intensiv durch die Workshopangebote der Internationalen Jugendbegegnungsstätte vorbereitet wurden, erschütterten sie die Besuche der Gedenkstätten zutiefst.
Das erbärmliche Leben der Häftlinge im Stammlager Auschwitz I hatten sich viele Schülerinnen und Schüler in dieser Form vorher nicht vorstellen können. Die Brutalität, die in diesem Lager vor ca. 80 Jahren von deutschen Bürgern ausgegangen war, beschäftige und beschämte sie zutiefst. Während des Besuchs des Arbeits- und Vernichtungslagers Auschwitz II, Birkenau war das nachempfundene Leid, der zum größten Teil jüdischen Insassen, kaum auszuhalten. Die Schülerinnen und Schüler wurden durch den Besuch dieser geschichtsträchtigen Orte in einer intensiven Art mit dem Holocaust konfrontiert, wie es im gewöhnlichen Geschichtsunterricht nicht möglich gewesen wäre. Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihnen das anschließende Zeitzeugengespräch mit Anna Szalasna. Als Jugendliche wurde sie wegen eines ungebührlichen Verhaltens gegenüber dem NS-Regime im KZ Auschwitz, Birkenau inhaftiert und später in das KZ Ravensbrück verlegt. Eindrucksvoll schilderte sie den Besuchern ihr Leben im Konzentrationslager. Sie berichtete von ihrer Angst und ihrem starken Willen, zu überleben. Hass verspüre sie gegenüber den Deutschen heute keinen mehr. Ihr sei es aber sehr wichtig, gerade jungen Menschen von den erlebten Gräueltaten zu berichten, damit diese nicht in Vergessenheit gerieten. Im Rahmen der Jugendbegegnungsstätte Auschwitz besuchen immer wieder ehemalige Häftlinge die Gedenkstätten Auschwitz I und Auschwitz II, Birkenau und berichten über ihre persönlichen Erlebnisse in den Lagern.
Die Studienfahrt abschließend besichtigten die Schülerinnen und Schüler der Modellschule Obersberg noch Krakow, eine der schönsten Städte Polens. Auch dort bildete das frühere Leben der dort ansässigen Juden den inhaltlichen Schwerpunkt der Stadtbesichtigung, welche mit einem leckeren Essen in einem jüdischen Restaurant endete.
Die eindrucksvollen Erlebnisse dieser Studienfahrt werden die Schülerinnen und Schüler sicherlich noch lange begleiten. Sie hat sie dazu gebracht, sich intensiv, mit einer wesentlichen Zeit der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen und sie wird sie dazu animieren, sich für eine tolerante, wertschätzende Gesellschaft einzusetzen.
Ein besonderer Dank gebührt den Sponsoren, die durch ihre Unterstützung diese Studienfahrt mit ermöglichten: Die Hessische Landeszentrale für politische Bildung, die Stiftung „Erinnern ermöglichen“ und die Bürgerstiftung des Landkreises Hersfeld- Rotenburg.
von Paula Schmidt und Lea Eberhardt (Q2)