„Es ist viel möglich“ – heißt es im theaterpädagogischen Begleitmaterial des hessischen Landestheaters Marburg zur Inszenierung von Georg Büchners Dramenfragment „Woyzeck“. Und genau diese Bandbreite an Möglichkeiten war es, die den Lernenden der Q2 und der E-Phase sowie den begleitenden Lehrkräften am letzten Dienstag Abend im Erwin-Piscator-Haus in Marburg geboten wurde.
Gerahmt von zwei Einführungsveranstaltung seitens des Theaterpädagogen Max Linzner sowie der Regisseurin Eva Lange bekamen die Lehrenden und Lernenden 8 Woyzecks geboten – frei nach dem Motto: Jede und jeder kann Woyzeck sein. Gezeigt wurde das Spannungsfeld zwischen Individuum und Gesellschaft im Kontext kapitalistischer Strukturen, welche die physische, psychische sowie soziale Gesundheitsebene tangieren und in letzter Konsequenz Destruktion nach sich ziehen.
Etwaige Zerstörungsmechanismen wurden im Spiel gekoppelt mit dynamischen Scheinwerferinstallationen und Bühnenzügen. Zusätzlicher Mitspieler war das Klavier „Apollo“, welches auf mehrfachen Ebenen Körperlichkeit seitens der Spielenden erfahren hat. Teil des Bühnenbildes war ebenfalls ein Weg aus ‚schwarzem Bühnenschnee‘ – gerahmt von Lichtern -, der sich eindrucksvoll in die unterschiedlichen Bewegungsmodi und -tempi der Spielenden einfügte.
Insgesamt eine eindrucksvolle Inszenierung, die die bisherige Interpretationspraxis aufbricht, neue Deutungsspielräume aufzeigt, den Femizid bewusst aufgreift und mit dem Ende des Stücks einen großen Diskussionsbedarf bei den Zuschauenden hinterlässt.
Von Zina Alder und Phil Döll